Dienstag, 26. Mai 2009

Das Geld liegt auf dem Küchenboden

Heute bin ich in eine irgendwie sich prekär anfühlende Situation gekommen. Prekär jetzt im Sinne meiner Blogbeschreibung. Der Küchenboden war gekehrt, geschrubbt, nass gewischt, trocken gewischt, und ich ließ zufrieden den Blick schweifen über die feucht glänzende Fläche. Rundherum blitzsauber. Noch ein paar letzte Handgriffe, und fertig. Im Hof wartete der Flaschenboy auf mich. Auf dem Weg durchs Lokal nach draußen fragt Frau Übermop: "Fertig?", und ich: "Fertig!", doch bevor ich die Tür erreiche, ruft es laut aus der Küche: "Guckst du mal bitte?" Ich gucke. In gebückter Haltung hält sie etwas kleines Blinkendes zwischen Zeigefinger und Daumen. Unzweifelhaft eine Ein-Euro-Münze. Gefunden in einer eng spitzwinklig zulaufenden Ecke der Küche.
Ich erinnerte mich. Beim Reinigen des Bodens hatte ich die Münze in der Ecke liegen gesehen, sie aber irrtümlich für einen Flaschenverschluss gehalten. So einen Schraubverschluss mit metallisch glänzender Oberfläche. Beim Kehren war ich mit dem Besen nicht drangekommen, beim Schrubben wurde das Ding vom Schrubber (also von mir) versehentlich in die Ecke verrammt statt aus ihr herausgelöst, beim Wischen war eh alles zu spät und ich beschloss, den vermeintlichen Flaschenverschluss von Hand zu holen, sobald der Boden trocken sein würde. Was ich jedoch vergaß auszuführen. Vor lauter Flaschenboy on my mind.
Triumphierend hält Frau Übermop das Eurostück in die Höhe: "Du bist mir ja eine Luxusputzfrau", dabei grinst sie diabolisch, "hast du es wirklich nötig putzen zu gehen, wenn du das Geld auf dem Boden liegen lässt?" Au weia. Irgendwie fies aber gut. So dass ich lachen muss. Beim Verlassen der Küche wird die Münze hingebungsvoll an der Übermop-Schürze poliert. "Wer kriegt jetzt den Euro?", frage ich scheinheilig. "Der, der den Euro gefunden hat", antworten zwei Stimmen gleichzeitig. Die eine gehört Frau Übermop, die andere dem Monteur, der nach getaner Reparatur im Lokal sitzt und die Euro-Szene verfolgt hat. Vor ihm steht ein Glas gelber Limonade; nach dem ersten kräftigen Schluck hatte er tief geseufzt und vor sich hin gemurmelt, "sind wir nicht alle ein bisschen Fanta?". Ein kauziger Typ. Um ehrlich zu sein, hätte ich den Euro auch gern gehabt, immer hin hatte ich ihn dreimal ganz genau gesehen, wenn auch nicht erkannt. Das findet der Kauz sehr erheiterlich, "dreimal gesehen heißt dreimal liegen gelassen", während Frau Übermop auf das Fundstück haucht, es anschließend blank wienert und meint, "eine richtige Putzfrau hebt immer alles sofort auf, die hebt nix für später auf." Das sind Sätze, stark im Nachklang.
 "Zwei zu eins", sagt der Kauz bedauernd zu mir, "hoffnungslos für Sie. Sind Sie neu in der Gastronomie?" Ich nicke. "Sie werden schon noch lernen, wie's da läuft", fährt er breit grinsend fort. Wie was läuft, will ich wissen. Darauf der Kauz, mit erhobener Stimme:
"Frag meinen Bruder in der Küch',
denn der lügt genau wie ich."
Allgemeiner Frohsinn. Frau Übermop steckt mit befriedigter Miene das Geldstück in ihre Hosentasche. Es gibt Situationen, die sich irgendwie prekär anfühlen und trotzdem zum Lachen sind.

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