Donnerstag, 19. November 2009

Klobalisierte Welt


Stell dir vor, es ist Weltklotag, und keiner geht hin. Weltwastag? Ja wirklich, heute ist Welttoilettentag. Leider wird dieser Tag, so wie es ausschaut, sang- und klanglos die Klospülung runterrauschen, weil sich kein mediales Schwein dafür zu interessieren scheint.
Das war vor wenigen Jahren noch anders: Anno 2004 gab es zur Feier des Tages hier eine illustre internationale Kloparade, die man unbedingt zu Rate ziehen sollte, bevor man in das entsprechende Land fährt oder es dann lieber doch bleiben lässt.

So dachte ich zum Beispiel beim Stichwort 'Das Duschklo' zunächst an nichts Böses - halt eine Dusche mit einer Toilette dabei. Bis mir einfiel, dass ebendiese sanitäre Einrichtung landläufig als Duschbad bezeichnet wird; schließlich sagt man ja auch nicht 'Wannenklo'. Demzufolge musste es sich bei einem Duschklo um etwas anderes handeln, nur was?
Womöglich das: Erst vor kurzem wurde aus Spülwasserspargründen an die Bürger Brasiliens appelliert, doch bitte beim Duschen gleichzeitig zu pinkeln, und zwar in die Dusche, nicht etwa ins Klo (also kein long-distance-Pinkeltraining). Hinreißend verpackt war die volkspädagogische Maßnahme in einem kurzen Cartoon (via Seitvertreib), der die kombinierte Be- und Entwässerungsaktion praxisnah rüberbringt. Bitte, wenn so was kein Duschklo ist, weiß ich nicht, was ein Duschklo sonst sein soll. Ist es aber nicht.

Also, was in Gottes Namen ist jetzt ein Duschklo? Leider weiß ich es immer noch nicht, weil nämlich die FAZ mir pro Klosettreportage zwei Euro Leihgebühr abknöpfen will, damit ich den jeweiligen Miniartikel "für 24 Stunden nutzen" darf. Ja, sind bei denen ein paar Hosenknöpfe ab? Macht bei insgesamt zehn Klostories zwanzig Euro - Griff ins Klo.
Immerhin, aus dem Teaser ist zu erfahren, dass der typische Standort für Duschklos die schöne Stadt Venedig ist.
Daß (in Venedig) eine Toilette erst mal nicht mehr sein muss als ein Loch im Boden, läßt sich in vielen Bars feststellen.
So weit, so bekannt. Warum nun besagtes Loch in venezianischen Böden als Duschklo bezeichnet wird, werde ich wohl nie erfahren, ohne Zahlung von zwei Euro. Duschklo. Nun ja. Man kann es sich auch denken. Hat ja keiner gesagt, dass eine Dusche immer und in jedem Fall von oben kommen muss. Hm. Irgendwie hätte ich im Moment wenig Lust, ausgerechnet nach Venedig zu reisen. Duschklo. Und das im November, wo es eh so nasskalt ist. Nö, muss nicht sein.

Auch bei den neun weiteren FAZ-Klogeschichten bin ich, mangels Zahlungsbereitschaft, auf meine Projektionstätigkeit angewiesen. Etwa 'Das blinde Klo', Standort Moskau. Puh. Blinde Klobrille. Muss ich nach Moskau? Muss ich nicht.
Oder 'Das Open-Air-Klo' in Madrid. Klingt erst mal sympathisch naturnah. Auf nach Madrid! Doch dann heißt es im Teaser: "Spanien hat zu wenig Toiletten." Ach so - ganz Madrid ein Freiluftklo. Ich bleibe zuhause.
Dann 'Das Moscheeklo' in Istanbul. Zuerst habe ich versehentlich gelesen 'Mosche-Eklo', da hat's mir schon gereicht.
Die blinden Klos von Moskau sind vielleicht doch nicht sooo schlimm angesichts der grenzwertigen Toiletten in russischen Eisenbahnen: Der Name 'Das Grenzklo' sagt eigentlich schon alles. Nein? Doch: "Russen arbeiten mit Wodka, um gefrorene Propfen zu lösen." Allmächtiger, welche Propfen denn jetzt? Ach, ich will es lieber nicht so genau wissen.
Charakteristisch für Paris, heißt es, sei 'Das Teuroklo'. Der Autor empört sich:
In der französischen Hauptstadt kassieren die Klofrauen 40 Cent für einen Besuch auf dem stillen Örtchen. Dazu kommt das Trinkgeld, das so gering nicht ist, schließlich ist der Benutzer ja froh, dass er darf.
Hier empört sich Mrs. Mop: Wie, der kosmopolitische Schreiber kann sich den Trip nach Paris leisten, aber keine 40 Cent für die Klofrau? Typisch deutscher Tourist - dann bleib halt zuhause auf deinem Wohnklo hocken.
Richtig spannend wird es bei der öffentlichen Notdurft in New York. Dazu vermerkt die FAZ-Toilettenrundreise schlicht: 'No Klo!', woraus wir scharfsinnig schließen - auch ohne zu projizieren oder zwei Euro Leseleihgebühr zu entrichten -, dass öffentlich zugängliche Häusel in New York Mangelware sind, dort also Zustände herrschen müssen wie in Madrid. Stutzig macht allerdings die hingeworfene Bemerkung des Autors:
Aber zu selbstreinigenden Toilettenkabinen, wie sie in Paris zu finden sind, will sich das sonst so handfest pragmatische New York einfach nicht durchringen.
Wie bitte? Eben hat er sich noch beschwert über die raffgierigen Pariser Klofrauen, jetzt kommt er uns mit selbstreinigenden und daher garantiert personalfreien Toiletten an der Seine. War der Typ überhaupt jemals in Paris? Warum soll ich für so einen Quatsch zwei Euro zahlen? Die gebe ich doch lieber gleich der Klofrau in Paris.

Und kehre zurück ins Jahr 2009, wo sich ein Papagei anlässlich des heutigen Welttoilettentages aufs Klo setzt, weil er aufs Klo muss. Macht dort ganz entspannt sein Geschäft und fliegt zurück auf Frauchens Schulter. Wasserspülung kann er noch nicht bedienen. Übt er aber. Beeindruckend.


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