Mittwoch, 13. April 2011

Geistesgegenwart


Ein Office Ghost, wer wüsste das nicht, ist ein Bürogeist. Oder besser gesagt, ein Bürogespenst - weil, bei Bürogeist denkt man vielleicht eher an den Geist, der in einem Büro herrscht oder auch nicht; je nachdem, wie geistlos es in einem Büro zugeht.

Also, ein Office Ghost. Das ist bekanntlich ein (meist höherer) Angestellter, der in einem Unternehmen sein Wesen treibt, obwohl er eigentlich längst unwesentlich geworden ist, sich jedoch hartnäckig einbildet, ohne ihn würde der Laden nicht laufen.

Dagegen war mir der Begriff Ghost Office bis heute neu. Unter einem Ghost Office hat man sich nicht etwa ein Büro vorzustellen, das von lauter Office Ghosts bevölkert und deshalb zu einem spukigen Ort wird. Vielmehr ist ein Ghost Office deshalb gespenstisch, weil dort gar keiner mehr anwesend ist, sei es um zu arbeiten oder um zu spuken. Oder höchstens nur noch ein paar versprengte Büroarbeiter, die von den großen Entlassungswellen übrig geblieben sind und sich nun in den leergefegten Großraumbüros gruseln. Letztere sind sogenannte Ghost Offices, und von denen gibt es immer mehr und wird es künftig noch mehr geben.

Denn Angestellte zu entlassen, ist das eine; ein relativ leicht zu lösendes Problem, verglichen mit dem Folgeproblem: wohin mit den ganzen verwaisten Schreibtischen und Bürokapazitäten? Die kann man ja nicht einfach mal so rauswerfen. Die hängen dem Unternehmen weiterhin wie ein Klotz am Bein und kosten einen Haufen Geld.

Rent-A-Desk heißt die Zauberformel, von der mittlerweile eine prosperierende Branche gut lebt. In mit Ghost Offices neuerdings überreichlich gesegneten Großstädten vermakeln sogenannte Schreibtischvermittler die leerstehenden Kapazitäten gewinnbringend an Bedürftige, "to serve the international working nomad". Und weil neue Vermarktungsbranchen noch nie um geschmeidige Neusprechblasen verlegen waren, nennen sie die gespenstische Makelei "a new trend in mobile working". Das klingt fesch, das klingt trendig.

Nicht auszuschließen ist, dass sich unter den nomadisierenden Nachfragern nach Ghost Office Space auch jene befinden, die früher einmal als regulär Beschäftigte beim selben Unternehmen den Schreibtisch drückten. Weil, die müssen ja auch irgendwo bleiben. Und könnten jetzt, wo sie vom Unternehmen nicht mehr gebraucht werden, sich wenigstens als zahlende Untermieter nützlich machen. Und dafür sorgen, dass die Atmosphäre in den Ghost Offices entgruselt wird. Auch dafür gibt es ein schönes Wort: Unternehmensgeist.

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