Mittwoch, 27. Juli 2011

Musik




In Zeiten des Trauerns gibt es wohl kaum etwas Angemesseneres, mehr Kraft Spendendes als Musik. Für mich persönlich führt aus dem Zustand des Trauerns nur der Weg über die Musik heraus, aus einem einfachen Grund: weil die Musik mich überhaupt erst in die Trauer hineinführt. Weil Musik es mir möglich macht, das namenlose Entsetzen in der Trauer zu ertragen. Weil ich nur mit Hilfe von Musik diesen Gefühlszustand überhaupt zulassen kann, dieses: nicht wissen wohin mit sich und mit dem verstörten Ringen um Fassung. Musik erlaubt mir, die Fassung zu verlieren und sie wieder zu finden.

In der norwegischen Stadt Molde findet alljährlich ein Jazzfestival statt, Molde Jazz; dieses Jahr vom 18. bis 23. Juli, in der Zeit also, in der knapp hundert (die Zahl der Toten steht noch nicht fest) Menschen durch zwei Terrorangriffe massakriert wurden. Elf junge Menschen aus Molde, die an dem Zeltlager auf der Insel Utoya teilgenommen hatten, werden noch vermisst.

Traditionell wird Molde Jazz jedes Jahr mit einer Jazz Parade durch die Stadt beendet; mit einem fröhlichen, bunten, ausgelassenen Musikumzug. Dieses Jahr haben die Festivalleitung und teilnehmende Musiker aus der Abschlussparade einen funeral march gemacht, einen Trauerumzug: "Molde Jazz to make minor" - schwer zu übersetzen, etwa: Molde Jazz spielt in Moll. 70 junge Musiker spielten West Lawn Dinge, einen traditionellen funeral march aus New Orleans:
"The plaintive f-minor theme, followed by some slightly lighter stroke before the mourning mood again takes over, filling the main street ... Cruising route is changed. Today it goes to Molde Cathedral which has opened its doors to all who need help to cope with grief, uncertainty and despair. 11 young people from Molde in Utoya, and their fate is still unclear."

Ein langjähriger Jazzfan aus Molde bezog Position zu den Attentaten in Oslo und Utoya:
"A terrorist attack also against everything the festival wants to stand for: a multicultural community where people from different cultures, religions and races come together in music and creates large, positive experiences for all of us."
Der Bassist Dave Holland, Mitwirkender bei Molde Jazz, fand Worte für die integrierende Kraft von Musik:
"There is really only one thing artists should do, and it is to respond with strong positive energy as possible. It serves not any good if we get dragged down with crimes, then eventually all gone down. Music is one of the ways we can express some of our best human qualities, and precisely why I think it is so important that we come together in situations like this. Music brings people together and is a way to share something positive. When we, as musicians create something together on stage, we show what goals we can reach in the community, goals we would not be able to reach alone."
Mir selber fehlen in diesem Moment die Worte; ich hole sie mir woanders her:
"Music is powerful; music can really drive home the reality of a situation."
Lester Nelson


(Die ersten drei Zitate stammen aus der norwegischen Zeitung Dagbladet, via Google Translate; das letzte Zitat ist von einem BoingBoing-Kommentator entliehen.)

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