Dienstag, 26. Juni 2012

Diplomatie ausgeschlossen


Kennt man ja:

Einladung zu einer flashigen Promi-Party, angesagt sind lauter VIPs, tolle Typen, die Creme der Reichen und Mächtigen, wer wollte da nicht mitfeiern? - und dann stellt sich raus, dass die angeblich ganz große Sause nur von öden, langweiligen Durchschnittspappnasen bevölkert sein wird, statt poppiger Prominenz nur dröge Dutzendware, kurz: die Party ist nicht halb so flashig wie angekündigt, sondern droht zu einer biederen Veranstaltung des Mittelmaßes zu werden. Wie, Flaschen statt flashig? Da kann es dem geladenen Gast, der sich selbst für was Besseres hält, schon mal vergehen, und ihm kommt der Gedanke, dass ein gemütlicher Abend im Kreise der Familie eigentlich auch ganz nett wäre.

Problem nur: Was tun, wenn dieser Gast bereits zugesagt hat? Wie zieht er seinen Kopf aus der Schlinge, wenn alle mit seinem Kommen rechnen, obwohl er selbst gar keine Lust auf Feiern hat? Lösung: krankfeiern, ganz einfach. Kennt man ja. Dafür hat jeder Verständnis. Wer krank ist, feiert nicht. Sondern bleibt zuhause.

Problem nur: dieses Wort, 'krankfeiern'! Wie das schon klingt! Nach Schwänzen, nach Blaumachen, nach 'hey, ich hab' schlicht keinen Bock auf euch!' - irgendwie undiplomatisch. Lösung: Man zieht sich eine "diplomatische Erkrankung" zu. Das klingt doch gleich viel besser, jedenfalls in den besseren Kreisen.
Der Bankier Vasilis Rapanos, der zum Finanzminister der neuen Regierung in Griechenland designiert war, hat seinen Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen erklärt.
Rapanos, das ist dieser griechische Banker, der rechtzeitig vor seiner Vereidigung als Minister an Ort und Stelle, nämlich im Ministerium, spontan in Ohnmacht fiel, vermutlich weil ihm die Lust auf die Macht oder aufs Feiern vergangen war. Seinen Rücktritt gestern abend begründete er mit seiner angeschlagenen Gesundheit, sowie, natürlich, dem fachkundigen Rat seiner Ärzte, er bedürfe dringend der Ruhe und der Schonung.

Und jetzt kommt's:
Eine "diplomatische" Erkrankung ist auf jeden Fall ausgeschlossen,
- ey, dass ihr bloß nicht denkt, der macht einfach blau und hat keinen Bock! Der ist echt krank, drum macht ihr bitte keine undiplomatischen Witze,
zumal die chronischen Gesundheitsprobleme des Bankiers kein Geheimnis darstellten.
- sondern stellt euch lediglich die Frage, wieso der Bankier unbedingt Finanzminister werden wollte, wo er doch über seine chronischen Gesundheitsprobleme bereits im Vorfeld im Bild gewesen war/sein musste/sein müsste/sein hätte sollen?, wie auch immer, wir wollen das jetzt nicht auf die Goldwaage legen, denn in Korinth kackt einer leicht daneben.

Also, wieso blieb er nicht von vorneherein der Party fern? Siehe oben: weil er sich die Party anders vorgestellt hatte. Bisschen illustrer. Bisschen mehr hochkarätige Gäste von seiner hochkarätigen Art:
Kabinettsmitglieder gestehen allerdings ein, die bekannt gegebene Zusammensetzung der Regierung habe Vasilis Rapanos überrascht und verstimmt, da er die Zusagen bezüglich der Berufung konkreter Personen bzw. "hochkarätiger" Technokraten wie Georgios Zanias, Giannis Strournaris und Tasos Giannitsis in den Wirtschaftsstab der neuen Regierung erhalten haben soll, von denen jedoch schließlich niemand eingesetzt wurde.
Verständlich, dass dem Ex-Finanzminister-in-spe das Fernbleiben seiner hochkarätigen Technokraten-Buddies auf den gesundheitlich eh schon angeschlagenen Magen geschlagen, ihn also "überrascht und verstimmt" hat.

Daher ja auch der medizinisch eindeutige, diplomatisch korrekte Fachbegriff Magenverstimmung. Bekanntlich eine der häufigsten psychosomatischen Erkrankungen. Darauf einen diplomatischen Ouzo zur Verdauung.

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